https://www.zeit.de/2018/47/akademiker-weltbuerger-populismus-feindbild-afd
Der ehemalige SPDVorsitzende Sigmar Gabriel hat vor einigen Monaten seine Partei davor gewarnt, einer »postmodernen Globalisierung« anheimzufallen und Themen wie Klima- und Datenschutz oder die Ehe für alle in den Vordergrund zu rücken: »Wer die Arbeiter des Rust Belt verliert, dem werden die Hipster in Kalifornien auch nicht mehr helfen.« Intellektuelle der AufstehenBewegung um Sahra Wagenknecht haben den gesinnungsethisch verfeinerten Globalisten genauso im Blick wie Gesundheitsminister Jens Spahn, der in der ZEIT problematisiert hat, dass in manchen Berliner Cafés die Bedienungen vorzugsweise englisch sprechen. Die jetsettenden, »elitären Hipster« hätten sich von der Normalbevölkerung abgespalten. Vor wenigen Wochen hat auch der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland eine »urbane Elite« ausgemacht, die sozial unter sich bleibe, aber eine kulturelle Buntheit propagiere. Die Wähler der AfD rekrutierten sich hingegen aus dem alten wirtschaftlichen Mittelstand, »der nicht einfach seine Unternehmen nach Indien verlagern kann«, und aus dem Prekariat, wo Heimat, die durch Einwanderer bedroht werde, noch »ein Wert an sich« sei. Die parteiübergreifende Neigung zu derartigen Beobachtungen ist leicht erklärbar. Man kann von rechts Identitätsverluste beklagen, von links globale Ausbeutungsmechanismen. Die Kritik am Kosmopoliten ist querfrontfähig: Rechte Überfremdungsängste und linke Globalisierungskritik reichen sich nicht erst heute freudig die Hand. Der DDR-Philosoph Ernst Hoffmann hatte 1949 in dem seinerzeit lebhaft diskutierten Artikel Die Stellung des Marxismus zum bürgerlichen Kosmopolitismus Weltbürgern vorgeworfen, völlig gleichgültig gegenüber ihrer »Heimat« zu sein. Die Weltanschauung des Kosmopoliten bestehe in der »zynischen Verachtung aller moralischen Bindungen und Verpflichtungen gegenüber seiner Nation«, in der »Verschacherung« und dem »Verrat seines Volkes«. Der westliche Kosmopolitismus arbeite gegen jede »nationale Eigenart« an, er feiere den »entwurzelten, artlosen, abstrakten, also unmenschlichen Menschen, entweder in der Gestalt des Weltbörsenjobbers oder in der Form der unterschiedslosen grauen Masse heimatloser Lohnsklaven«. Hier war bereits ein Zusammenhang zwischen international tätigen Konzernen, ortsungebundenen Freelancern und armen Arbeitsmigranten angedeutet, den Globalisierungsgewinnern und Globalisierungsverlierern, die durch ihre Mobilität an der Erosion des Bestehenden mitwirkten.
Der ehemalige SPDVorsitzende Sigmar Gabriel hat vor einigen Monaten seine Partei davor gewarnt, einer »postmodernen Globalisierung« anheimzufallen und Themen wie Klima- und Datenschutz oder die Ehe für alle in den Vordergrund zu rücken: »Wer die Arbeiter des Rust Belt verliert, dem werden die Hipster in Kalifornien auch nicht mehr helfen.« Intellektuelle der AufstehenBewegung um Sahra Wagenknecht haben den gesinnungsethisch verfeinerten Globalisten genauso im Blick wie Gesundheitsminister Jens Spahn, der in der ZEIT problematisiert hat, dass in manchen Berliner Cafés die Bedienungen vorzugsweise englisch sprechen. Die jetsettenden, »elitären Hipster« hätten sich von der Normalbevölkerung abgespalten. Vor wenigen Wochen hat auch der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland eine »urbane Elite« ausgemacht, die sozial unter sich bleibe, aber eine kulturelle Buntheit propagiere. Die Wähler der AfD rekrutierten sich hingegen aus dem alten wirtschaftlichen Mittelstand, »der nicht einfach seine Unternehmen nach Indien verlagern kann«, und aus dem Prekariat, wo Heimat, die durch Einwanderer bedroht werde, noch »ein Wert an sich« sei. Die parteiübergreifende Neigung zu derartigen Beobachtungen ist leicht erklärbar. Man kann von rechts Identitätsverluste beklagen, von links globale Ausbeutungsmechanismen. Die Kritik am Kosmopoliten ist querfrontfähig: Rechte Überfremdungsängste und linke Globalisierungskritik reichen sich nicht erst heute freudig die Hand. Der DDR-Philosoph Ernst Hoffmann hatte 1949 in dem seinerzeit lebhaft diskutierten Artikel Die Stellung des Marxismus zum bürgerlichen Kosmopolitismus Weltbürgern vorgeworfen, völlig gleichgültig gegenüber ihrer »Heimat« zu sein. Die Weltanschauung des Kosmopoliten bestehe in der »zynischen Verachtung aller moralischen Bindungen und Verpflichtungen gegenüber seiner Nation«, in der »Verschacherung« und dem »Verrat seines Volkes«. Der westliche Kosmopolitismus arbeite gegen jede »nationale Eigenart« an, er feiere den »entwurzelten, artlosen, abstrakten, also unmenschlichen Menschen, entweder in der Gestalt des Weltbörsenjobbers oder in der Form der unterschiedslosen grauen Masse heimatloser Lohnsklaven«. Hier war bereits ein Zusammenhang zwischen international tätigen Konzernen, ortsungebundenen Freelancern und armen Arbeitsmigranten angedeutet, den Globalisierungsgewinnern und Globalisierungsverlierern, die durch ihre Mobilität an der Erosion des Bestehenden mitwirkten.
No comments:
Post a Comment