Tuesday, January 09, 2007

JAN 07/FUW/ Oerlikon and Ronny Pecik


Oerlikon-Grossaktionär Ronny Pecik zu den Risiken von Optionsstrategien, Veränderungen im Verwaltungsrat und dem möglichen Solar-IPO
«Unsere Vision mit Oerlikon bald verwirklichen»



Erscheinungswoche: 1
Erscheinungsdatum: 06.01.07
Rubrik: A-SCHWEIZ
Seite: 17






Der Österreicher Ronny Pecik hat im Jahr 2005 das Konzept für die Übernahme von Unaxis entwickelt. Auch die Akquisition von Saurer durch Oerlikon trägt seine Handschrift. Im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft» gibt Pecik Einblick in sein Anlagekonzept. Er spricht von den weiteren Plänen für den Technologiekonzern sowie anstehende Veränderungen im Verwaltungsrat und er erklärt, weshalb russische Investoren ein Interesse daran haben, in der Schweiz zu investieren.

Herr Pecik, in welchem Verhältnis stehen Sie zu Oerlikon?

Ich bin Vertreter des Grossaktionärs Victory. Für gewisse Projekte stehe ich dem Unternehmen zudem als Berater zur Verfügung.

Was meinen Sie mit Berater?

Ich stelle mein Wissen im Bereich Übernahmen und zur Strukturierung von Finanztransaktionen zur Verfügung.

Sie engagieren sich mehr als ein normaler Grossaktionär.

Ich nehme keinen Einfluss auf operative Entscheide. Die obliegen dem Verwaltungsrat und dem Management.

Kommt es in dieser Konstellation nicht zu Konfliktsituationen, wenn Sie Transaktionen in Oerlikon vornehmen?

Ich sehe mich nicht als Insider. Ich habe keinen direkteren Einblick in die operativen Ergebnisse als andere Aktionäre. Als Vertreter des Grossaktionärs Victory achte ich allerdings genau darauf, dass jede meldepflichtige Transaktion umgehend auch vorgenommen wird.

Was war Ihr Beitrag im Zusammenhang mit der Akquisition von Saurer?

Im Rahmen eines genau definierten Beratermandats habe ich mit Giorgio Behr, dem VR-Präsidenten von Saurer, Kontakt aufgenommen. Im Gespräch habe ich ihn gefragt, ob aus seiner Sicht ein Auskauf von Laxey Partner willkommen wäre. Das hat er bejaht. In der Folge habe ich den Kontakt mit Laxey gesucht.

Haben Sie das Konzept für die Übernahmen von Saurer entwickelt?

Was ich sicher dazu beitragen konnte, war eine spezielle Optionsstrategie. Die wende ich immer dann an, wenn es darum geht, einen schnellen Zugriff auf ein Unternehmen zu haben. Ich bin Optionsmathematiker. Das hilft, dass wir die Effizienz des Kapitalmarktes zu unserem Vorteil nutzen können. Im Detail ist dann eine Übernahme viel zu komplex. Da braucht es wieder Banken und Juristen.

Wie werden solche Optionen für eine Übernahme strukturiert?

Wer eine Übernahme über Warrants wagen will, muss einige hundert Millionen Franken in Optionen mit einer Laufzeit von sechs bis zwölf Monaten investieren. Die Möglichkeiten, die ich ausschöpfe, sind jedem gegeben.

Weshalb werden dann Übernahmen nicht häufiger über eine Optionsstrategie lanciert?

Die Risiken in einem solchen Geschäft sind sehr hoch. Ich muss über die nötigen Mittel verfügen, um die Optionen auch in Aktien zu wandeln, sonst laufe ich Gefahr eines Totalverlusts. Jeder, der solche Risiken eingeht, wird sich deshalb vorher genau informieren, in welches Unternehmen er investiert.

Sie wurden in der Schweiz vor zwei Jahren nicht besonders freundlich empfangen. Hat sich die Haltung Ihnen gegenüber in der Zwischenzeit verändert?

Die letzten zwei Jahre waren eine spannende Zeit, in der ich viel gelernt, aber auch menschliche Enttäuschungen erlitten habe. Trotzdem möchte ich keine Sekunde der letzten 24 Monate missen. Ich habe für mich einen Weg definiert. Ich kann heute nicht alle meine Pläne auf den Tisch legen. Ich bin aber überzeugt, dass auch die Kritiker Schritt um Schritt verstehen werden, welche Absichten ich verfolge. Die Übernahme von Saurer ist in dieser Beziehung sicher ein wichtiges Signal.

Oerlikon wird von Deutschen und Österreichern kontrolliert. Wäre es nicht geschickt, wieder etwas mehr Schweizer Kultur in das Unternehmen zu bringen?

Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht.

Möglichkeiten gäbe es über den Verwaltungsrat. Welches ist die ideale Zusammensetzung für dieses Gremium?

In der Phase des Turnarounds war ein kleines, schlagkräftiges Gremium die richtige Lösung. Ich gehe davon aus, dass es im Verwaltungsrat jetzt zu Veränderungen kommen wird.

Können Sie in diesem Prozess Ihre Wünsche und Vorstellungen einbringen?

Ich bin auf der Suche nach Kandidaten mit industriellem Know-how und die zudem für das Unternehmen einen erheblichen Mehrwert bringen.

Warum gehen Sie nicht selbst in den Verwaltungsrat – wollen Sie keine Verantwortung übernehmen?

Ich habe schon grosse Verantwortung übernommen, als ich viel Geld in ein Unternehmen mit hohen Verlusten investierte. Entscheidend ist für mich, dass ich meine Stärken ausserhalb des Verwaltungsrats nutzbringender in das Unternehmen einbringen kann.

Im Aktionariat von Oerlikon gibt es drei gewichtige Personen: VR-Präsident Georg Stumpf, der russische Oligarch Victor Vekselberg und Sie. Drei ‹Platzhirsche›, das ist eine schwierige Konstellation.

Georg Stumpf ist VR-Präsident und kontrolliert das Management. Er ist zudem Partner in der Victory. Ich bin Aktionärsvertreter der Victory. Vekselberg ist Aktionär geworden mit einer langfristigen Perspektive. In die Strategie des Unternehmens will er sich nicht einmischen. Vekselberg öffnet uns aber durch seine Beziehungen viele Türen im russischen Markt. Er verstärkt mit seinem Engagement zudem das bereits stabile Aktionariat von Oerlikon.

Russische Investoren suchen offenbar nach Kaufgelegenheiten in der Schweiz. Was wird in dieser Beziehung noch auf unser Land zukommen?

Jedes Land verfügt über seine eigenen Vorteile. Ich selber komme aus Kroatien. Ich kann die russische Art wesentlich besser verstehen als zum Beispiel die chinesische. Ich hoffe, dass die Schweiz die Schwellenangst gegenüber russischen Investoren verlieren wird. Denn Fakt ist, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren viel Kapital aus diesem Teil Europas kommen wird. Und das nicht etwa aus diffusen Geldquellen. Das Land ist reich an Rohstoffen. Russische Investoren haben über den Börsengang von Rohstoffunternehmen viel Geld verdient. Das zeigen die Beispiele Severstal und TNK-BP. Die mit dem Börsengang frei gewordenen Gelder suchen neue Anlagen.

Eignet sich die Schweiz für eine Neuanlage dieses Geldes besser als Deutschland oder Grossbritannien?

Die Schweiz geniesst auf verschiedenen Ebene weltweit eine Akzeptanz, die seinesgleichen sucht. Das Land versteht sich primär als Finanzplatz. Die Schweiz ist aber auch angesehen für ihr industrielles Know-how. Ich bin überzeugt, dass in den nächsten Jahren vermehrt ausländische Investoren auf dieses Potenzial zugreifen werden mit der Absicht, dieses technologische Wissen weltweit auf eine breitere Basis zu stellen. Da wird Mehrwert geschaffen. Das war für uns der Grund, in Oerlikon einzusteigen.

Oerlikon ist auf die Bereiche Beschichtung und Vakuum ausgerichtet. Das sind herkömmliche Technologien. Weshalb soll es dem Unternehmen gelingen, höhere Margen als die im Anlagenbau üblichen 6 bis 8% zu erreichen?

In der Beschichtungstechnologie, speziell im Hightech-coating, liegen die Margen deutlich über der Marke von 15%. Pfeiffer Vacuum war einst eine Oerlikon-Tochter und schafft heute eine Betriebsgewinnmarge von 24%. Die Börsenkapitalisierung erreicht fast den dreifachen Jahresumsatz. Wir kennen die Peer-Gruppe und wollen es besser machen als diese Konkurrenten. Das Management von Oerlikon ist hier gefordert.

Welches sind die konkreten Ziele?

Im Bereich Beschichtung ist Oerlikon die Nummer eins der Welt. Die Sparte Vacuum strebt diese Position an.

BOC Edwards wäre da die ideale Ergänzung.

Es ist bekannt, dass Oerlikon ein Interesse an BOC Edwards hat. Der Bieterprozess läuft. Verwaltungsrat und Management sind mit diesem Thema beschäftigt.

Wäre Sulzer für Oerlikon nicht auch interessant – das Unternehmen verfügt mit Metco über eine reizvolle Beschichtungssparte?

Ich kenne Sulzer nicht im Detail. Ich habe dazu keine Meinung.

Welche Erwartungen setzen Sie in die Solarsparte?

Die grossen Themen der kommenden Jahre werden Energie und Wasser sein. Das Solargeschäft lebt stark von Regierungssubventionen. Der Grundstoff der bisher üblichen Solarzellen, das reine Silizium, ist teuer. Aufgrund dieser Konstellation wird es im Solarbereich in absehbarer Zeit zu grösseren Umwälzungen kommen. Dabei ist Oerlikon gut positioniert.

Zeigt der Solarmarkt bereits Anzeichen einer Überhitzung?

Nein, bei weitem nicht. Ich habe die Vision, dass Europa in 50 Jahren einen Teil des Strombedarfs aus Solarkraftwerken beziehen wird, die in Afrika stationiert sind.

Sind Sie anderweitig im Energiesektor investiert?

Ja, im Bereich Windenergie.

Oerlikon verändert sich rasant. Wie viel Wachstum kann ein Unternehmen und seine Mitarbeiter verkraften?

Oerlikon agiert in einem Verdrängungsmarkt. Da geht es darum, sich für die Zukunft richtig zu positionieren. Jetzt wird Saurer eingegliedert. Da wird das Management kaum durch Restrukturierung absorbiert. Es sind also durchaus noch Kapazitäten vorhanden, um die Wachstumsstrategie umzusetzen.

Wie wird das Wachstum finanziert?

Saurer wurde über das Eigenkapital sowie Bankkredite finanziert. Die Finanzierung des weiteren Wachstums hängt sehr von der Zinsentwicklung der nächsten Jahre ab. Auf dem aktuellen Niveau und vor dem Hintergrund der deutlich steigenden Betriebsgewinne sind die Wachstumspläne finanzierbar. Wir müssen im Markt aber verschiedene Faktoren genau beobachten.

Zum Beispiel die Zinsen?

Die Zinsen sind entscheidend für das Wachstum. Auf die spektakulärsten Zinssenkungen folgte die Gegenbewegung. Aus meiner Sicht hat US-Notenbankchef Alain Greenspan vieles nicht sehr optimal gemacht. Sein Nachfolger Ben Bernanke wird wahrscheinlich eine Geldpolitik verfolgen, die besser auf die Interessen der Wirtschaft abgestützt ist.

Um das weitere Wachstum zu finanzieren, könnte Oerlikon die Solarsparte an die Börse bringen?

Das ist eine Option, die Verwaltungsrat und Management in Erwägung ziehen.

Könnte das kurzfristig passieren?

Ich wurde nur einmal gefragt, wie ich mich zu einem solchen Szenario stellen würde. Ich habe die Idee unterstützt. Es müssen allerdings einige Parameter im Umfeld passen.

Und das sind?

Die Solarsparte muss vor einem IPO eine nachhaltige Mindestgrösse sowie ein attraktive Rendite erwirtschaften.

Ist ein Börsengang 2007 möglich?

Das Unternehmen ist im laufenden Jahr sicher noch nicht soweit.

Ist allenfalls ein Going Private von Oerlikon ein Thema, um danach die Solarsparte separat an die Börse zu bringen?

Auch das ist denkbar. Konkreteres kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Was ist noch alles denkbar, was den Investor interessieren könnte?

Ich richte meine Investments nicht kurzfristig aus. Ich denke in langen Zeitzyklen. Wir alle wissen, die Börse übertreibt immer, einmal nach unten, dann wieder nach oben. Letztlich zählt nur der in Zahlen fassbare Erfolg des Unternehmens. Da muss Oerlikon noch einiges unter Beweis stellen. Ich bin überzeugt, dass die Erwartungen auch erfüllt werden. Fakt ist, Oerlikon wird wachsen. Wir haben eine Vision, und die wollen wir in absehbarer Zeit auch verwirklichen.

Die Aktien von Oerlikon haben sich im letzten Jahr über 200% verteuert. Sind die Aktien überbewertet?

Ich bin selber etwas überrascht über die Kursentwicklung der letzten Monate. Offenbar hat die Börse nach der Saurer-

Akquisition schnell eine Neubewertung des neuen, grösseren Unternehmens vorgenommen. Geholfen hat natürlich auch die Einbindung von Oerlikon in den Euro Stoxx 600.

Warum soll ein Investor jetzt noch einsteigen?

Für mich ist es schwierig, eine Aussage zum Aktienkurs zu machen. Ende April 2006 war der Kurs um 450 Fr. Ich habe damals kein Stück verkauft. Ich glaube an die Zukunft dieses Unternehmens. Die Technologie überzeugt mich. Oerlikon kann noch wesentlich stärker gemacht werden. Alles Weitere müssen die Zahlen beweisen.

Welche Erwartungen haben Sie?

Ich erwarte vom Management eine Betriebsgewinnmarge von 10 bis 12%.

Die Gewinnmarge von 15% ist kein Thema mehr?

Das wird als Folge der Integration von Saurer noch kaum möglich sein. Aber eine Gewinnmarge von 10% ist das Minimum.

Die ZKB, Oerlikon, Victory und Victor Vekselberg halten zusammen über 70% aller Aktien. Ist die Liquidität in Oerlikon damit nicht ungenügend?

Kernaktionäre sind einzig die Renova von Victor Vekselberg sowie Victory. Diese beiden Aktionäre kontrollieren 44% des Aktienkapitals. Die restlichen 56% sehe ich als Streubesitz. Das sind Aktien, die jederzeit im Markt verkauft werden können. Das gilt zum Beispiel auch für den Eigenbestand von Oerlikon.

Welche Ziele verfolgt Victory mit den Optionenpaket von 16%?

Das Paket ermöglicht uns gewisse strategische Gedankenspiele. Grundsätzlich gilt, dass wir ein Interesse an einem möglichst hohen Streubesitz haben. Hohe Volumen im Handel sichern ein faire Börsenbewertung eines Unternehmens.

Wie lange bleiben Sie noch in Oerlikon engagiert?

Ich fühle mich dem Unternehmen und den Beschäftigten emotional verpflichtet. Ich werde sicher in den nächsten Jahren weitermachen. Im kleinen Kreis sage ich oft, ich hätte in den nächsten 70 Jahren nichts anderes vor.

Haben Sie eine Ausstiegsstrategie?

Nein. Das ist bis dato kein Thema.Interview: Beat D. Hebeisen

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